In der Insolvenz erben: Wer hat ein Anrecht auf das Erbe?
Was passiert, wenn ein Erbe insolvent ist? Wem steht das Erbe zu, wozu kann und muss es verwendet werden? Wie wirkt sich der zeitliche Ablauf des Insolvenzverfahrens aus? Erfahren Sie hier alles, was Sie über das Erben während der Privatinsolvenz wissen müssen.
- Wie läuft ein Insolvenzverfahren ab?
- Erben während des außergerichtlichen Einigungsversuchs
- Erben in der Zeit bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens
- Erben in der Wohlverhaltensperiode
- Darf ein insolventer Erbe die Erbschaft ausschlagen?
- Melde- und Herausgabepflicht
Wie läuft ein Insolvenzverfahren ab?
Die Insolvenz wird in zwei Teile untergliedert:
- Insolvenzverfahren
- Wohlverhaltensphase
Letztere startet nach der Aufhebung des Insolvenzverfahrens und der Restschuldbefreiung und dauert (nach einer Gesetzesänderung) bis zu drei Jahre an, wobei die Frist bereits mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu laufen beginnt.
Erben während des außergerichtlichen Einigungsversuchs
Wird nicht in der Insolvenz, sondern während des außergerichtlichen Einigungsversuches geerbt, so steht das Erbe dem Schuldner zuerst frei zu. Allerdings können die Gläubiger im Rahmen einer Zwangsvollstreckung Zugriff auf das Geld erlangen. Der schuldende Erbe kann das Geld in diesem Zeitraum, sofern möglich, nutzen, um die Schulden ganz zu begleichen oder die Möglichkeit auf einen erfolgreichen Vergleich zu steigern.
Erben in der Zeit bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens
Fällt eine Erbschaft an, während sich der Erbe in der laufenden Insolvenz befindet, sind die Konsequenzen umfassend. Ein angenommenes Erbe gehört in der laufenden Insolvenz ohne Wahlmöglichkeit zur Insolvenzmasse, fällt also in die Verfügungsgewalt des Insolvenzverwalters, der in Gänze darauf Zugriff hat und es zur Befriedigung der Gläubiger verwenden darf. Außerdem kann das geerbte Geld genutzt werden, um die Kosten des Insolvenzverfahrens zu decken.
Das klingt zunächst nachteilig, kann für einen Erben in der andauernden Privatinsolvenz aber tatsächlich viel Positives mit sich bringen. Gerade, wenn es sich um eine große Erbschaft handelt, kann das zu einer frühzeitigen Beendung des Insolvenzverfahrens führen.
Wenn alle Schulden bezahlt sind, kann die sofortige Restschuldbefreiung verlangt werden. Die Wohlverhaltensphase, auch Abtretungsfrist genannt, beträgt nach § 287 Abs. 2 InsO grundsätzlich nur noch drei anstatt von sechs Jahren. Mit dieser Änderung entfällt für Verfahren ab dem 01.10.2020 auch die Möglichkeit der vorzeitigen Restschuldbefreiung bei Ausgleich der Verfahrenskosten und von 35% der Schulden. Für ältere Verfahren gilt diese Regelung jedoch weiterhin und auch eine teilweise Befriedigung der Gläubiger kann zu einer Verkürzung des Verfahrens führen. Ist die Erbschaft für all das nicht umfangreich genug, kommt das Geld einfach den Gläubigern zugute, ohne dass der Schuldner davon profitiert.
Erben in der Wohlverhaltensperiode
Wie bereits erläutert gliedert sich die Insolvenz wird in zwei Teile: das Insolvenzverfahren und die Wohlverhaltensphase. Die Wohlverhaltensphase beginnt nach der Aufhebung des Insolvenzverfahrens und der Restschuldbefreiung und dauert nach neuem Recht drei anstatt von sechs Jahren (§ 287 Abs. 2 InsO). Die Frist beginnt bereits mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu laufen.
Tritt der Erbfall nicht innerhalb der laufenden Insolvenz, sondern erst in der Wohlverhaltensphase ein, so gelten Modifikationen. Der insolvente Erbe muss dann nur die halbe Erbschaft an den Insolvenzverwalter abgeben, der sie wiederum zur Befriedigung der Gläubiger nutzt.
Darf ein insolventer Erbe die Erbschaft ausschlagen?
In der Insolvenz zu erben bedeutet wie erläutert, dass das Erbe gänzlich oder zur Hälfte Teil der Insolvenzmasse wird. Deswegen stellt sich die Frage, ob sich das durch die Ausschlagung des Erbes umgehen lässt. Insbesondere wenn die Erbschaft wie oben erwähnt nicht groß genug ist, um eine Verfahrensverkürzung für den Schuldner zu bewirken, wird dies relevant. Schuldner wollen das Erbe dann häufig ausschlagen, um sich mit den weiteren Erben darüber zu einigen, den ausgeschlagenen Anteil nach Beendigung der Insolvenz von diesen ausgezahlt zu bekommen.
Ist das legal?
Das Insolvenzrecht befugt grundsätzlich allein den Insolvenzverwalter zur Verfügung über die Insolvenzmasse, deren Bestandteil die Erbschaft bei einer Annahme des Erbes ja werden sollte. Ziel des Insolvenzverfahrens ist die Bezahlung der Gläubiger, dem würde eine Ausschlagung des Erbes entgegenstehen, da so weniger Geld zu ihrer Befriedigung zur Verfügung stehen würde. Sogar zum Zeitraum der Wohlverhaltensphase würden die Gläubiger durch das Ausschlagen eine geringere Summe Geld bekommen.
Dennoch haben insolvente Erben die Befugnis, ein Erbe auszuschlagen und müssen auch keinen Pflichtteilsanspruch geltend machen. Gemäß § 83 Abs. 1 InsO ist der Insolvenzschuldner dazu berechtigt, vor, nach und während dem Insolvenzverfahren ein Erbe oder Vermächtnis auszuschlagen. Grund dafür ist, dass die Ausschlagung der Erbschaft ein Recht darstellt, das einzig dem Schuldner gehört. Erben gilt als höchstpersönliche Angelegenheit. Erben können also nicht durch das Insolvenzgericht oder den Insolvenzverwalter gezwungen werden, eine Erbschaft anzutreten. Eine Ausschlagung der Erbschaft darf zudem nicht dazu führen, dass dem Schuldner die Restschuldbefreiung versagt wird.
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Melde- und Herausgabepflicht
Verschweigt der insolvente Schuldner eine Erbschaft oder verweigert die Abgabe des Erbes, je nach Phase der Insolvenz ganz oder zur Hälfte, so führt das zu einer Versagung der Restschuldbefreiung. Das Insolvenzverfahren hat dann keinen Nutzen für den Schuldner und sein Ziel ist verfehlt.