Die gesetzliche Erbfolge
Wenn in einem Erbfall kein Testament und kein Erbvertrag vorliegt, stellt sich die Frage: Wer erbt? Das wird durch die gesetzliche Erbfolge bestimmt.
Inhalt:
- Erbfolge ohne Testament oder Erbvertrag
- Wie bestimmt man im Einzelnen die gesetzliche Erbfolge?
- Beispiele gesetzlicher Erbfolge
1. Erbfolge ohne Testament oder Erbvertrag
Jeder kann im Erbrecht seine Erbfolge durch ein Testament oder einen Erbvertrag grundsätzlich frei ausgestalten. Dies nennt man auch gewillkürte Erbfolge. Wenn jedoch weder Testament noch Erbvertrag vorhanden sind, werden in Deutschland die Erben und ihre jeweiligen Erbquoten durch die gesetzliche Erbfolge nach dem BGB (Bürgerlichen Gesetzbuch) bestimmt. Bestimmt wird die gesetzliche Erbfolge in Prozent oder in Anteilen am gesamten Nachlass des Erblassers. Dazu gehören alle Vermögenswerte (Wertgegenstände, Schmuck, Barmittel, Immobilien usw.) aber auch alle Schulden (Darlehen, Kaufpreisforderungen, Mietschulden usw.). Manche Rechte, wie z.B. Nießbrauchrechte sind jedoch nicht vererblich und fallen daher auch nicht in den Nachlass. Das kann im Einzelfall kompliziert sein. Die Erbfolge bspw. ohne Testament aber mit Geschwistern ist zudem nicht starr, sondern hängt von verschiedenen Umständen ab. Anhand folgender Regeln können jedoch viele Fälle einfach geklärt werden:
- Erbfolge Ehegatte: War die/der Verstorbene verheiratet (oder lebte in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft) ist zunächst die Ehegattenquote zu bestimmen. Diese hängt davon ab, welche Verwandten des Erblassers noch existieren und in welchem Güterstand die Ehegatten gelebt haben (Zugewinngemeinschaft, Gütertrennung oder Gütergemeinschaft). Erst danach kann man bestimmen, welche freie Quote noch für die Verwandten des Erblassers übrigbleibt. Im häufigsten Fall, in dem die Ehegatten in der Zugewinngemeinschaft (d.h. wenn sie nichts anderes in einem Ehevertrag geregelt haben) lebten und der Erblasser Kinder hatte. Hier beträgt die Erbquote der Ehefrau ½ und die Kinder des Erblassers teilen sich das andere ½ zu gleichen Teilen auf. Unverheiratete oder geschiedene Partner:innen erben nach der gesetzlichen Erbfolge jedoch nichts.
- Erbfolge mit Kindern: War die/der Verstorbene ledig, geschieden oder verwitwet und hatte Kinder, so wird das Erbe gleichmäßig unter ihnen aufgeteilt. Hierbei ist es unerheblich, ob es sich um leibliche oder Adoptivkinder handelt. Solange die Kinder noch leben, werden deren Kinder (Enkelkinder) nicht zu Erben. Der Anteil von Kindern, die schon vor dem Erblasser verstorben sind, geht wiederum auf deren Kinder zu gleichen Teilen über. Ist ein Kind kinderlos vor dem Erblasser verstorben, geht sein Anteil zu gleichen Teilen auf die anderen Kinder des Erblassers über.
- Erbfolge ohne Kinder: War die/der Verstorbene ledig, geschieden oder verwitwet und hatte keine Kinder, erben zunächst ihre/seine Eltern. Ist ein Elternteil bereits vorverstorben, geht dessen Hälfte des Nachlasses an seine Kinder, d.h. die Geschwister und oder Halbgeschwister der/des Verstorbenen. Leben beide Elternteile nicht mehr, ist so auch mit der Hälfte des Nachlasses des anderen Elternteils zu verfahren. Auch hier gilt wieder: Leben auch die Geschwister oder Halbgeschwister (teils) nicht mehr, geht deren Teil des Nachlasses anteilig an deren Abkömmlinge, d.h. die Nichten und Neffen des Erblassers.
Sollte sich Ihre Konstellation damit noch nicht erklären lassen, finden Sie weiter unten im Artikel eine umfangreiche Erklärung.
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2. Wie bestimmt man im Einzelnen die gesetzliche Erbfolge?
Hat die/der Verstorbene keine letztwillige Verfügung (Testament oder Erbvertrag) hinterlassen, richtet sich die Erbfolge nach dem Gesetz. Erben sind danach, soweit vorhanden, Ehegatt:innen oder eingetragene Lebenspartner:innen sowie ggf. Verwandte, die durch die gleiche Abstammung miteinander verbunden sind (Ausnahme bei Adoption). Wer verhindern möchte, dass das Erbe nach der gesetzlichen Erbfolge verteilt wird, muss die Erbfolge mit einem Testament ausgestalten. Alternativ kann man auch überlegen zu Lebzeiten im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge Gegenstände aus seinem Vermögen bereits zu übertragen. Hier ist man bei der Auswahl der Personen natürlich frei. Man sollte jedoch die Gefahren (z.B. mangelnde Versorgungsicherheit im Alter) gegenüber den Vorteilen (Ausschöpfen von Schenkungssteuerfreibeträgen) ggf. mit Hilfe von Experten abwägen.
a. Hinterbliebene als Erben verschiedener Ordnungen
Verwandte teilt das Bürgerliche Gesetzbuch in Erben verschiedener Ordnungen ein.
Wer ist Erbe erster Ordnung?
Erben erster Ordnung sind die Kinder und Kindeskinder (Abkömmlinge) des/der Verstorbenen, die Enkelkinder, Urenkelkinder usw. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um eheliche Kinder, nichteheliche Kinder oder Adoptivkinder handelt.
Wer ist Erbe zweiter Ordnung?
Erben zweiter Ordnung sind die Eltern der/des Verstorbenen und deren Abkömmlinge, also die Geschwister der/des Verstorbenen, ihre/seine Nichten und Neffen usw.
Wer ist Erbe dritter Ordnung?
Erben dritter Ordnung sind die Großeltern und deren Kinder und Kindeskinder, also z.B. die Tanten, Onkel, Cousinen und Cousins der/des Verstorbenen.
Die Erben weiterer Ordnungen beginnen bei den Urgroßeltern.
„Als es vor kurzem einen Erbfall ohne Testament in meinem weiten Verwandtenkreis gab, hat mir der Erbquotenrechner verständlich gezeigt, wer von uns die Erben sind“, Kristina aus Heidelberg
Gesetzliche Erbfolge ohne Testament Schaubild - Erb:innen 1. Ordnung, 2. Ordnung und 3. Ordnung
Dieses Schaubild veranschaulicht die gesetzliche Erbfolge. Die Erben werden in drei Ordnungen aufgeteilt, deren Reihenfolge bestimmt, wer vorrangig erbt. Zur 1. Ordnung gehören direkte Nachkommen, also Kinder und Enkelkinder. Ehegatt:innen werden gesondert betrachtet. Zur 2. Ordnung gehören Eltern, Geschwister sowie Nichten und Neffen der/des Verstorbenen. Zur 3. Ordnung gehören Großeltern, Tanten und Onkel, Cousinen und Cousins.
b. Regeln zur Erbberechtigung
Erben der 1. Ordnung schließen im Rahmen der gesetzlichen Erbfolge nachfolgende Ordnungen aus. Innerhalb einer Ordnung erben die Kinder, wenn die zunächst Erbberechtigten vorverstorben sind oder das Erbe ausgeschlagen haben. Abkömmlinge höherer Ordnungen erben generell nur, wenn es keine Erben niedrigerer Ordnungen gibt.
- Erbfolge mit Kinden: Hinterlässt die/der Verstorbene Kinder (Erben 1. Ordnung), erben ihre/seine Eltern (Erben 2. Ordnung) nicht.
- Wenn das Kind der/des Verstorbenen (Erbe 1. Ordnung) entweder schon verstorben ist oder das Erbe ausgeschlagen hat, können die Enkelkinder der/des Verstorbenen (ebenfalls Erben 1. Ordnung) Erben sein. Wenn es keine Enkelkinder oder andere Abkömmlinge vom Erblasser gibt oder sie das Erbe ausschlagen, sind nach gesetzlicher Erbfolge die Eltern der/des Verstorbenen an der Reihe (Erben 2. Ordnung).
- War die/der Verstorbene kinderlos und hinterlässt auch keine Eltern, Geschwister oder fernere Abkömmlinge der Eltern (Erben 2. Ordnung), können Tanten und Onkel (Erben 3. Ordnung) nur erben, wenn auch schon die Großeltern (ebenfalls Erben 3. Ordnung) verstorben sind oder das Erbe nicht antreten wollen.
Erben einer Ordnung, die in der Erbfolge auf derselben Stufe stehen, teilen sich den auf sie entfallenden Anteil des Nachlasses zu gleichen Teilen.
Wenn es weder einen Ehepartner noch Erben der 1.-3. Ordnung mehr gibt und regelmäßig auch die Urgroßeltern nicht mehr leben, wird die Erbensuche meist schwierig. Für die Erbenbestimmung muss nun Ordnung nach Ordnung nach entfernten Verwandten gesucht werden. Dabei kommt es nun innerhalb der Ordnung auf den Grad der Verwandtschaft an. Der Grad bestimmt sich durch die Anzahl der dazwischen liegenden Geburten, wobei die eigene Geburt nicht mitgezählt wird. Erbe wird dann derjenige, der dem Grad nach am nächsten mit dem Erblasser verwandt war. Mehrere gleich nahe Verwandten erben zu gleichen Teilen.
„Meine beste Freundin hatte einen Erbfall in der Familie. Um sie möglichst gut zu unterstützen, habe auch ich recherchiert und den Erbquotenrechner gefunden, der ihr sehr weitergeholfen hat“, Martina aus Hamburg
c. Erbquoten - Wer erbt was?
Gesetzliche Erbfolge Ehegatt:innen oder eingetragene Lebenspartner:innen
- Erfolgt die Erbfolge also ohne Testament aber mit Ehepartner, erben die Ehegatt:innen oder eingetragene Lebenspartner:innen stets mindestens ein Viertel des Nachlasses.
- Hinzu kommt ein gesetzlicher Anspruch auf die ehelichen Haushaltsgegenstände und Hochzeitsgeschenke. Gibt es noch gesetzliche Erben erster Ordnung, müssen diese Gegenstände gegenüber dem wirtschaftlichen und ideellen Interesse der Miterben angemessen sein.
- Existiert kein Ehe- bzw. Lebenspartnerschaftsvertrag, so erben sie darüber hinaus noch ein Viertel des Nachlasses (pauschalierter Zugewinnausgleich).
- Ein weiteres Viertel kommt hinzu, wenn die/der Verstorbene zwar keine Kinder hatte oder auch diese und deren Nachfahren bereits verstorben sind, aber Eltern, Geschwister oder Großeltern der/des Verstorbenen noch leben. Leben auch sie nicht mehr, fällt der gesamte Nachlass der/dem Ehegatt:in oder eingetragenen Lebenspartner:in zu.
- Die Zugewinngemeinschaft ist der mit Abstand häufigste gesetzliche Güterstand. Daneben kennt das deutsche Recht noch die Gütertrennung und die Gütergemeinschaft. Sie können zur Anwendung kommen, wenn die Ehegatt:innen oder eingetragenen Lebenspartner:innen einen (Ehe-)Vertrag geschlossen haben. Bei beiden Güterständen entfällt das Viertel des Nachlasses, welches bei der Zugewinngemeinschaft als pauschalierter Zugewinn anfällt.
- Nach der gesetzlichen Intention soll die/der Ehe- oder eingetragene Lebenspartner:in auch bei der Gütertrennung nicht weniger erben als jedes einzelne Kind. Daher gilt hier die Besonderheit, dass für den Fall, dass die/der Verstorbene ein oder zwei Kinder hinterlässt, alle zu gleichen Teilen erben. Bei einem Kind erben also beide die Hälfte, bei zwei Kindern alle ein Drittel. Bei mehr Kindern gilt dann wieder die Regel, dass der/dem Partner:in ein Viertel zusteht und drei Viertel gleichmäßig unter den drei oder mehr Kindern aufgeteilt wird.
- Das Ehegattenerbrecht endet jedoch schon dann, wenn die Scheidungsvoraussetzungen vorliegen und der Erblasser vor seinem Tod einen Scheidungsantrag gestellt hat oder dem Scheidungsantrag seines/seiner Partner:in gegenüber dem Gericht formell korrekt zugestimmt hat.
- Zugewinngemeinschaft bedeutet, dass jeder/jedem Partner:in sein eigenes Vermögen zusteht und sie/er bei Auseinandersetzung, z.B. durch Scheidung oder eben durch Eintritt des Erbfalls, am Wertzuwachs (Zugewinn) des Vermögens der/des anderen während der Ehezeit beteiligt ist. Der Zugewinn wird dadurch festgestellt, dass das bei Eheschließung jeweilige Anfangsvermögen mit dem Endvermögen verglichen wird. Ist der Zugewinn der einen Partnerin/des einen Partners höher als der der/des anderen, ist die Differenz hälftig auszugleichen.
Beispiel zur gesetzlichen Erbfolge beim Güterstand der Zugewinngemeinschaft:
Der Verstorbene war in diesem Beispiel verheiratet und lebte im Güterstand der Zugewinngemeinschaft, hat aber keine Kinder. Somit ist zunächst die Ehegattenquote der Ehefrau zu bestimmen. Ihr Erbanteil setzt sich wie folgt zusammen:
- Ehepartner erhalten mindestens 25% des Erbes.
- In diesem Fall lebten der Erblasser und seine Frau im Güterstand der Zugewinngemeinschaft zusammen (oder hatten jedenfalls keinen gegenteiligen Ehevertrag geschlossen), deswegen erhält die Ehefrau weitere 25% des Erbes als sogenannten pauschalierten Zugewinn.
- Weitere 25% des Erbes erhält die Ehefrau, da der Erblasser keine Abkömmlinge, aber dafür andere Verwandte, nämlich Eltern, Geschwister (und deren Nachfahren) oder Großeltern hat. Hier hatte der Erblasser einen Bruder, der seinerseits einen Sohn hatte.
Aus diesem Grund beträgt der Erbanteil der Ehefrau letztlich 75%.
Die verbleibenden 25% gehen an den Neffen des Erblassers, also einen Erben 2. Ordnung, über.
Verwandte und Adoptivkinder
Nachdem die Ehegattenquote bestimmt wurde, steht zugleich die freie Quote für Verwandte und Adoptierte fest. Diese erben demnach neben Ehegatt:innen (bzw. eingetragenen Lebenspartner:innen) anteilig; anderenfalls - wenn keine Ehegatt:innen/Lebenspartner:innen vorhanden sind - erben sie den gesamten Nachlass. Zu beachten ist jedoch, dass nur minderjährig adoptierte Kinder mit anderen Kindern des Adoptierenden gleichgestellt sind. Hat der Adoptierende einen Volljährigen adoptiert, so ist derjenige nur im Erbfall des Adoptierenden als Kind zu berücksichtigen. Für andere Verwandte des Adoptierenden hat die Adoption keine erbrechtlichen Konsequenzen.
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3. Beispiele gesetzlicher Erbfolge
Im Folgenden veranschaulichen wir Ihnen die Anteile bei gesetzlicher Erbfolge anhand einiger Beispiele. Die jeweilige Erbquote ist unter Anwendung der oben erläuterten Regeln zu berechnen.
Beispiel gesetzliche Erbfolge Neffen und Nichten
Ist der Verstorbene nicht verheiratet, hat keine Kinder (keine Erben 1. Ordnung) und sind einige Erben der 2. Ordnung, hier die Eltern und die Schwester, bereits verstorben, so erben die verbleibenden Erben der 2. Ordnung. Hier erhalten also die Nichte und der Neffe jeweils 50% des Erbes.
Beispiel gesetzliche Erbfolge Geschwister und Eltern
Der Verstorbene ist nicht verheiratet und hat keine Kinder. Hier gibt es also keine Erben 1. Ordnung, daher geht das Erbe auf die Erben 2. Ordnung über. Die Mutter des Verstorbenen ist jedoch bereits vorverstorben. Daher wird das Erbe nicht zu gleichen Teilen auf die vier Erben 2. Ordnung aufgeteilt, sondern der Vater wird begünstigt, da er in direkter Linie mit dem Verstorbenen verwandt ist. Somit erhält er 50% des Erbes, während die Geschwister jeweils 25% erhalten.
Beispiel gesetzliche Erbfolge Kinder und Enkel:innen
In diesem Beispiel ist die Verstorbene nicht verheiratet, hat aber Kinder. Bei Erbfolge mit Kindern gibt es somit Erben 1. Ordnung, werden Erben nachfolgender Ordnungen nicht berücksichtigt. Der Sohn ist bereits vorverstorben, somit sind die Enkel:innen in der Erbfolge. Anderenfalls wäre das Erbe zu gleichen Teilen an Tochter und Sohn verteilt worden. Vorliegend erhält die Tochter nun aber ihren vollen Anteil von 50%, der eigentliche Anteil des Sohnes wird gleichmäßig zwischen seinen Kindern verteilt. Sie erhalten je 16,6% des Erbes.
„Da es manchmal schwierig zu verstehen ist, wem Erbe zusteht und zu welchem Anteil, haben wir den Erbquotenrechner entwickelt. So kann jeder ganz einfach online seine Erbquote berechnen. Gleichzeitig lassen sich auch andere Fragen rund ums Erben mit unserem Online-Tool oder von unserem Expertenteam klären. Erfahren Sie jetzt kostenlos, wer wieviel erbt“, Dr. Birte Gall, Gründerin von Erblotse