Wie komme ich an das Erbe?
Viele Fragen beschäftigen Erben, wenn sie ein Erbe antreten oder noch überlegen, ob sie eine Erbschaft annehmen. Was gehört alles zum Nachlass? Wie bekomme ich Zugang zum Bankkonto? Kann ich die Mietwohnung übernehmen? Wann darf ich Nachlassgegenstände verkaufen? - Sie haben Fragen, wir die Antworten.
Inhalt:
- Wie komme ich an mein Erbe?
- Bank und Finanzen im Erbfall
- Fahrzeuge im Erbe
- Immobilien im Erbe
- Mietwohnung im Todesfall
- Forderungen und Guthaben im Erbe
- Beteiligungen an Personen- oder Kapitalgesellschaften im Erbe
- Waffen im Erbe
- Ab wann darf ich über mein Erbe verfügen
1. Wie komme ich an mein Erbe?
Sie haben ein Erbe angenommen und überlegen, wie es weiter geht? Hie erfahren Sie, wie man erbt und worauf Sie beim Erben achten sollten.
a. Bank und Finanzen im Erbfall
Das Recht Verstorbener, auf ihr Bankkonto zuzugreifen, geht mit dem Tod auf die Erben über. Ist jedoch eine/ein Testamentsvollstrecker:in benannt, dann ist sie/er allein berechtigt, über den Nachlass und damit über das Konto zu verfügen.
Kontoauszüge und andere Bankunterlagen helfen dabei, Rückschlüsse auf Vermögensverhältnisse und laufende Zahlungsverpflichtungen zu ziehen. Schließlich müssen die Erben die Schulden des Verstorbenen begleichen. Um laufende Verträge (z.B. Kredite, Versicherungen, gemietete oder vermietete Immobilien) zu identifizieren, ist es also wichtig, Zugang zum Konto der/des Verstorbenen zu erhalten. Die Bank kann sich dabei nicht auf das Bankgeheimnis berufen, denn als Rechtsnachfolger der/des Verstorbenen haben Erben gegenüber der kontoführenden Bank die gleichen Rechte, die der/dem Verstorbenen zu Lebzeiten zustanden. Dies sind z.B. Auskunftsrechte hinsichtlich des aktuellen Kontostands oder über Kontobewegungen in der Vergangenheit.
Um Auskunft von der Bank zubekommen, weist man idealer Weise
- eine Bank- oder Kontovollmacht oder
- eine notarielle Generalvollmacht nach,
die die/der Verstorbene vor seinem Tod erteilt hat.
Wer keine solche Vollmacht besitzt, muss sich als Erbin/Erbe ausweisen können. Die Banken verlangen dafür manchmal die Vorlage des Erbscheins, dürfen hierauf jedoch nicht bestehen.
Das für die Ausstellung des Erbscheins zuständige Nachlassgericht ist das Amtsgericht am letzten gewöhnlichen Aufenthaltsort des Verstorbenen. Die Adresse des Nachlassgerichts finden Sie hier: www.nachlassgerichte.de.
Alternativ taugen aber auch ein beglaubigtes Testament, der Erbvertrag oder das Protokoll der Testamentseröffnung, um sich als Verfügungsbefugte/r auszuweisen (BGH, Urt. v. 5.4.2016 – XI ZR 440/15). Dies ist auch insofern besser, als dass die Beantragung eines Erbscheins beim Nachlassgericht einerseits hohe Kosten verursacht und andererseits u.U. als Annahme der Erbschaft ausgelegt werden kann (sog. Annahme durch schlüssiges Verhalten). Besteht die Bank auf der Vorlage des Erbscheins, obwohl Testament oder Erbvertrag vorhanden sind, muss sie den Erben die Kosten für die Beantragung des Erbscheins erstatten.
Wenn die/der Verstorbene Finanzanlagen besaß, kann man sich von den Banken Depotauszüge aushändigen lassen. Diese enthalten Informationen über Aktien, Anleihen und sonstige Wertpapiere des Verstorbenen.
Prüfen Sie auch, ob die/der Verstorbene ein Bankschließfach hatte.
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b. Fahrzeuge im Erbe
Wenn ein Auto, Motorrad, Boot, Wohnmobil oder sonstige Fahrzeuge zum Nachlass gehören, werden die entsprechenden Versicherungen mitvererbt. Als Rechtsnachfolger:in der/des Verstorbenen treten die Erben automatisch in den für das Fahrzeug abgeschlossenen Versicherungsvertrag ein (sog. sachgebundene Versicherung).
Möglich ist auch, dass die/der Erblasser:in das Auto nicht gekauft, sondern geleast hat. Dann treten Erben in den Leasingvertrag ein und werden Leasingnehmer. Das Besondere am Leasingvertrag ist, dass beiden Parteien - Leasingnehmer:in und Leasinggeber:in - aufgrund des Todesfalls ein außerordentliches Kündigungsrecht zusteht (es sei denn, dieses Recht wurde vertraglich ausgeschlossen). Erben eines geleasten Autos haben auch die Möglichkeit, eine sog. Leasingübernahme zu vereinbaren. Dafür müssen Sie eine/n neue/n Leasingnehmer:in finden, die/der den geerbten Leasingvertrag übernimmt.
c. Immobilien im Erbe
Wenn sich im Nachlass Immobilien befinden, übernehmen die Erben auch etwaige Mietverhältnisse mit Mieter:innen. Ansonsten kann eine Alleinerbin/ein Alleinerbe frei entscheiden, ob sie/er selbst darin wohnen, sie vermieten oder lieber verkaufen will. Mehrere Erben (Erbengemeinschaft) können Immobilien hingegen nur gemeinsam verwalten und müssen mögliche Schritte per Abstimmung entscheiden. Für bestimmte Maßnahmen ist dabei nur eine einfache Mehrheit notwendig, für andere bedarf es eines einstimmigen Beschlusses. In Notfällen (z.B. Rohrbruch) können einzelne Miterbinnen/Miterben unaufschiebbare Entscheidungen jedoch auch allein treffen.
Wer Immobilien erbt, muss zunächst überlegen, ob das Erbe anzunehmen oder auszuschlagen ist, denn mit einer Immobilie können eine Reihe finanzieller Belastungen verbunden sein.
Das sog. Familienheim, also die Immobilie, die von der/vom Ehepartner:in (bzw. eingetragener/eingetragenem Partner:in) oder den Kindern genutzt wird, kann steuerfrei geerbt werden. Voraussetzung für das steuerfreie Erbe ist allerdings, dass die Angehörigen nach dem Erbfall noch mindestens 10 Jahre in der Immobilie wohnen bleiben. Ziehen sie vorher aus, kann nachträglich noch Erbschaftssteuer anfallen.
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d. Mietwohnung im Todesfall
Die Erben übernehmen als Rechtsnachfolger:in automatisch die Verträge der/des Verstorbenen. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz gilt für den Mietvertrag, wenn die/der Verstorbene eine/n Mitbewohner:in hatte, denn diese/r hat das vorrangige Recht, in den Mietvertrag einzutreten. Tut sie/er dies, wird er zur/zum Mieter:in der Wohnung, ohne dass sie/er dafür einen neuen Mietvertrag mit der/dem Vermieter:in abschließen muss. Wenn die/der Mitbewohner:in nicht Hauptmieter:in werden will, kann sie/er den Eintritt ins Mietverhältnis ablehnen. Hierfür bestehen kurze Fristen. Sie/Er muss sich also schnell entscheiden und schnell handeln, sonst führt sie/er den Mietvertrag automatisch fort. Ob die Erben oder die/der Vermieter:in dies wollen oder nicht, ist rechtlich irrelevant.
Wohnte die/der Verstorbene vor ihrem/seinem Tod allein und stand auch allein im Mietvertrag, treten die gesetzlichen Erben in den laufenden Mietvertrag ein, sofern ein Testament nicht eine andere Regelung trifft. Der/Dem Vermieter:in steht gegen die Erben – anders als gegenüber Mitbewohner:innen - ein außerordentliches Kündigungsrecht zu. Für die Kündigung hat die/der Vermieter:in einen Monat Zeit (sog. Kündigungserklärungsfrist). Wenn die/der Vermieter:in nicht rechtzeitig innerhalb dieser Frist kündigt, genießen die Erben den vollen Kündigungsschutz.
Wenn Erben den Mietvertrag der/des Verstorbenen kündigen, müssen sie auch alle mit dem gemieteten Objekt zusammenhängenden Verträge kündigen (z.B. für Strom, Wasser, Gas, Internet und Telefon) und die Mietkaution zurückfordern. Hat die/der Verstorbene die Miete nicht regelmäßig bezahlt, hinterlässt also Mietschulden, kann die/der Vermieter:in die offenen Mietforderungen von den Erben einfordern.
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e. Forderungen und Guthaben im Erbe
In manchen Fällen hat die/der Verstorbene noch Forderungen und Guthaben. Das können z.B. offene Steuererstattungen, noch unbezahlte und gestellte Rechnungen (bei Selbstständigen) oder Guthaben bei Paymentprovidern (z.B. PayPal) sein.
Nehmen Sie in diesem Fall Kontakt zu den jeweiligen Ansprechpartner:innen auf und klären Sie die Höhe der Forderungen. Der Erblotse hilft Ihnen mit dem digitalen Nachlassverzeichnis, den Überblick über Forderungen und Guthaben zu behalten.
f. Patente, Urheber- und Markenrechte im Erbe
Neben Gegenständen, Immobilien und Bankvermögen können auch Schutzrechte an geistigem Eigentum wie etwa Urheberrechte oder Patente, Gebrauchsmuster- oder Markenrechte vererbt werden. Die Bestimmung des Wertes derartiger immaterieller Güter und deren erbschaftssteuerliche Bewertung ist nicht ganz einfach, insbesondere, wenn die Rechte nicht Teil eines Unternehmens sind, sondern aus einem Privatvermögen heraus vererbt werden.
Hat die/der Verstorbene ein urheberrechtlich geschütztes Werk (z.B. Kunstwerk, Buch, Musikstück) geschaffen, kann sie/er per letztwilliger Verfügung bestimmen, auf wen dieses Urheberrecht im Todesfall übergehen soll. Ohne Testament oder Erbvertrag gilt auch hier die gesetzliche Erbfolge.
Erben können Urheberrechte grundsätzlich in der Form geltend machen, wie es auch die/der verstorbene Urheber:in konnte (also z.B. Dritten gegen Lizenzgebühren Nutzungs- und Verwertungsrechte einräumen). Das Urheberrecht erlischt 70 Jahre nach dem Tod der Urheberin/des Urhebers.
Mit Patenten sollen technische Erfindungen vor unerwünschter Nachahmung geschützt werden. Ein Patent wird vom Patentamt erteilt und wirkt 20 Jahre. Das Patentrecht kann verkauft oder vererbt werden.
g. Beteiligungen an Personen- oder Kapitalgesellschaften im Erbe
Hatte die/der Verstorbene Beteiligungen an Personen- oder Kapitalgesellschaften, so empfehlen wir Erben, sich an eine/einen Fachanwält:in für Erbrecht und eine/einen Steuerberater:in zu wenden.
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h. Waffen im Erbe
Es kommt immer wieder vor, dass Erben in der Wohnung von Verstorbenen Waffen finden (z.B. bei Jägern). Auch diese gehen in das Eigentum der Erben über. Es ist nicht möglich, das Erbe mit Ausnahme der Waffen anzunehmen, denn eine bedingte Annahmeerklärung ist nach deutschem Recht unwirksam. Die Erbschaft gilt – nach Fristablauf - im Ganzen als angenommen.
Wer in der Wohnung einer/eines Verstorbenen erlaubnispflichtige Waffen findet, ist gesetzlich verpflichtet, dies unverzüglich der zuständigen Waffenbehörde anzuzeigen (z.B. in Baden-Württemberg die Kreispolizeibehörden, in Berlin das Landeskriminalamt).
Auch sollte geprüft werden, ob die/der Verstorbener eine behördliche Erlaubnis für den Besitz der Waffe hatte (Waffenbesitzkarte). Wenn diese vorliegt, dürfen Erben die Waffe in der Regel behalten, müssen aber bei der zuständigen Behörde innerhalb eines Monats ab Annahme des Erbes die Ausstellung einer eigenen Waffenbesitzkarte bzw. die Eintragung der Waffe auf einer bereits bestehenden Waffenbesitzkarte beantragen.
Wer die Waffe weder behalten noch verkaufen will, ist in der Regel verpflichtet, sie unbrauchbar machen zu lassen und das der Behörde nachzuweisen. Die Waffe wird von einer/einem zertifizierten Waffenhändler:in durch „ein dem Stand der Technik entsprechendes Blockiersystem“ unbrauchbar gemacht. Das schreibt das Waffengesetz (§ 20 Abs. 3 S. 2 WaffG) vor. Die/Der Waffenhändler:in muss die Unbrauchbarmachung bescheinigen. Erlaubnispflichtige Munition dürfen Erben nicht behalten. Sie können die Munition entweder einer berechtigten Person (z.B. Waffenhändler:in) überlassen oder bei der zuständigen Waffenbehörde abgeben.
Wenn Erben die Waffe verkaufen, müssen sie darauf achten, dass die/der Käufer:in im Besitz einer Waffenhandelserlaubnis oder Waffenbesitzkarte ist.
2. Ab wann kann ich über mein Erbe verfügen?
Mit dem Erbfall treten Erben unmittelbar in die Rechte und Pflichten der/des Verstorbenen ein. Sofern keine/kein Testamentsvollstrecker:in eingesetzt wurde, können sie ab diesem Zeitpunkt über die Gegenstände aus dem Nachlass verfügen. Grundsätzlich muss man sich bei Veräußerungen immer mit etwaigen Miterben einig sein und dies auch notariell oder jedenfalls schriftlich festhalten. Doch Achtung: Bis zur Annahme oder Ausschlagung des Erbes ist man bloß vorläufiger Erbe. Wer in diesem Zeitfenster Gegenstände aus dem Nachlass veräußert, sieht sich möglicherweise später den Ansprüchen der endgültigen Erben ausgesetzt.
Eine Erbschaft kann man auf unterschiedliche Weisen annehmen:
- entweder aktiv, indem man die Annahme des Erbes ausdrücklich oder durch schlüssiges Verhalten erklärt oder
- ohne weiteres Zutun, indem man die Frist zur Ausschlagung des Erbes (meist sechs Wochen) verstreichen lässt, ohne die Ausschlagung gegenüber dem Nachlassgericht zu erklären.
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