Streitlösung im Erbfall
Bei der Verteilung des Erbes gibt es oft Meinungsverschiedenheiten. Wie können die Erben diese lösen und sich einigen?
Inhalt:
- Meinungsverschiedenheiten und Streitlösung im Erbfall
- Streit selbst lösen - der Erblotse hilft!
- Streitbeilegung mit Experten
- Streiten vor Gericht mit Rechtsanwalt
- Prozessfinanzierung
- Alternative: Nachlassverwalter:in
1. Meinungsverschiedenheiten und Streitlösung im Erbfall
Ein Erbfall führt nicht selten zu Konflikten im Kreis der Hinterbliebenen. Das ist wenig verwunderlich, denn die Situation verlangt ihnen viel ab: Sie sind meist in tiefer Trauer, müssen sich aber - ganz sachlich - um das Erbe kümmern, testamentarische Anordnungen erfüllen und den Nachlass verwalten. Rechtliche Fragen, steuerliche Fragen, Organisatorisches - wenn mehrere Personen erben (Erbengemeinschaft), ist die Situation komplex, da alle Maßnahmen miteinander abgestimmt werden müssen.
Das birgt viel Konfliktpotential. Naturgemäß beurteilen die Hinterbliebenen die eigenen Rechte und Pflichten zunächst mit ihrem inneren „Gerechtigkeitskompass“, ohne die tatsächliche Rechtslage beurteilen zu können. Und einige Menschen wollen bei einem Erbfall auch einfach nur das finanziell Beste für sich herausholen.
Typische Konfliktherde in Erbengemeinschaften sind:
- Streit um die Feststellung der Erbenstellung, Testamentsanfechtungen: Hierunter fallen z.B. Fälle, in denen Verstorbene ihr Testament erst relativ spät aufgesetzt oder geändert haben und darin – für die Familie überraschend – weitere Erben eingesetzt und bedacht haben. Dies führt oftmals zu Streit zwischen den spät Bedachten und den gesetzlichen Erben. Oft wird bei solch unvermittelten Kehrtwendungen der/des meist schon betagten Verstorbenen auch deren/dessen Testierfähigkeit angezweifelt.
- Streit der Erben über die Höhe des Erbteils, Auslegung des Testaments: Testamente sind häufig nicht entlang der gesetzlichen Strukturvorstellungen formuliert. Es kann dann z.B. streitig sein, ob eine/ein Bedachte/r als bloße/r Vermächtnisnehmer:in lediglich einen bestimmten Gegenstand aus dem Nachlass erhalten oder als Erbin/Erbe eingesetzt werden sollte.
- Streit über den Umfang zu erteilender Auskünfte über Nachlassgegenstände und Schenkungen: Hinterbliebene haben oft recht unterschiedliche Einblicke in die Vermögensverhältnisse und lebzeitigen Vermögensverfügungen der/des Verstorbenen sowie auch unterschiedlichen Zugriff auf die Erbgegenstände. In diesem Zusammenhang streiten die Beteiligten oft darüber, wer wem welchen Einblick und Zugriff gewähren muss. Im Rahmen der Erbauseinandersetzung und bei Pflichtteilsansprüchen haben auch Zuwendungen, die die/der Verstorbene zu Lebzeiten gemacht hat, eine Relevanz. Selbst lang zurückliegende Zuwendungen spielen bei solchen Informationsrechten für potentielle Ausgleichsansprüche eine große Rolle.
- Streit über den Ausgleich lebzeitiger Schenkungen: Im Rahmen der Anrechnung und des Ausgleichs von Schenkungen, die die/der Verstorbene zu Lebzeiten vorgenommen hat, kommt es oft zum Streit darüber, ob eine Schenkung überhaupt zu berücksichtigen ist und mit welchem Wert sie noch bei der Nachlassverteilung oder Pflichtteilsberechnung zu berücksichtigen ist.
- Streit über die Verteilung des Nachlasses (Erbauseinandersetzungsklagen): Ist zwischen den Erben erst einmal klar, was sich im Nachlass befindet, müssen sie sich einigen, wie damit umzugehen ist und wie er verteilt werden soll. Konfliktpotential bieten dabei z.B. die Verteilung von Gegenständen von ideellem Wert oder komplexe Entscheidungen größeren Ausmaßes (z.B. bei Unternehmensnachfolgen). Eine Erbauseinandersetzungsklage, die für die/den Kläger:in in der Regel mit hohen Prozessrisiken verbunden ist, sollte möglichst vermieden werden.
- Streit über Umfang und Bewertung des Nachlasses: Die Frage, ob ein bestimmter Gegenstand in den Nachlass fällt oder nicht, und wie er zu bewerten ist, kann nicht immer einvernehmlich geklärt werden.
- Streit bei Vor- und Nacherbschaft: Die testamentarische oder erbvertragliche Regelung einer Vor- und Nacherbschaft löst viele Rechte und Pflichten zwischen Vor- und Nacherben aus. Das sorgt häufig für Streit.
- Streit der Erben und Pflichtteilsberechtigten über den Pflichtteil: Ist eine/ein gesetzliche/r Erbin/Erbe enterbt oder im Testament lediglich in einem Umfang bedacht worden, der hinter ihrem/seinem Pflichtteil zurückbleibt, hat sie/er u.U. gegen die übrigen Erben Anspruch auf Leistung des Pflichtteils (Pflichtteilsanspruch) bzw. Aufstockung des Erbteils auf den Pflichtteil (Pflichtteilsergänzungsanspruch). Streit entsteht hier insbesondere über die Korrektheit der erteilten Auskünfte zu Vermögensgegenständen und Schulden des Nachlasses sowie zu lebzeitigen Zuwendungen der/des Verstorbenen und ihre Bewertung zu den jeweiligen Stichtagen.
Die Situation nach einem Erbfall kann sehr treffend mit einem Bild ausgedrückt werden:
Alle über den Erbfall und den ungeteilten Nachlass verbundenen Personen sitzen gemeinsam mit der wertvollen Fracht (Nachlass) in einem Boot auf dem offenen Meer. In der Zeit bis zum Einlaufen in den sicheren Hafen (also während der Nachlassabwicklung und -verteilung) ist es sinnvoll, konstruktiv zusammenzuwirken. Doch ungelöste Konflikte und Streit gefährden das gemeinsame Ziel. Die Fahrt auf dem offenen Meer dauert länger als nötig, die Stimmung an Bord wird schlechter, die Risiken durch Wetterkapriolen (Unvorhersehbares) steigen und im Extremfall kentert das Boot und die Fracht geht verloren.
Nun sind konstruktive Verhandlungen im Streitfall leider oft nicht möglich. Sei es, weil der Sachverhalt unklar ist oder weil rechtliche Fehlvorstellungen bestehen, die sich zudem oft mit familiären Themen vermischen. Die gemeinsame Familiengeschichte, individuelle Vorstellungen von Fairness und unterschiedliche Interessen der Beteiligten können so eine schwer auflösbare Gemengelage bilden. Da hilft es, eine/einen erfahrene/n Lots:in mit an Bord zu nehmen, die/der das Schiff mit klarem Blick in den sicheren Hafen navigiert und dabei hilft, bestehende Konflikte konstruktiv, schnell, kostengünstig und fair zu bereinigen.
2. Streit selbst lösen - der Erblotse hilft!
Zunächst sollten die Hinterbliebenen sich mit dem Erbfall befassen und feststellen, an welchen Punkten sie Einigkeit erzielen können. Um dies kostenschonend zu ermöglichen, wurde der Erblotse entwickelt. Er soll den Erben ermöglichen, notwendige Schritte und Handlungsoptionen zu erkennen und sich selbständig über den Umgang mit dem Nachlass zu verständigen. Hierbei können sie an Grenzen kommen, denn eine digitale Unterstützung kann nicht jeden individuellen Fall sachgerecht bewerten oder alle auftretenden Fragen beantworten.
Bei Zweifelsfällen oder Streitpunkten, in denen selbst der Erblotse mit seinen zahlreichen Informationen und Anleitungen Hinterbliebenen nicht weiterhelfen kann, sollten sich Erben professionellen Rat einholen. Das muss nicht bedeuten, dass jeder sich eine/einen eigene/n Rechtsanwält:in an die Seite holt und dann ein kostenintensiver Rechtsstreit vor Gericht geführt wird. Oft geht es einfacher, schneller und kostensparender.
3. Streitbeilegung mit Experten
Streitigkeiten unter Erben sind keine Seltenheit. Der Erblotse bietet passende Strategien und zeigt den Weg zur Lösung bestehender Konflikte. Je nach individueller Problemstellung sind folgende Ansätze stets vielversprechend:
1. Erbscheinsverfahren
Ist die Erbfolge unklar, gibt es Streit über Erbquoten oder die Auslegung eines handschriftlich verfassten Testaments, können Erben diese wichtigen Rechtsfragen im Erbscheinsverfahren vor dem Nachlassgericht relativ schnell und kostengünstig klären lassen.
Gilt die gesetzliche Erbfolge, wird der Erbschein ohnehin als Nachweis gegenüber Banken, Versicherungen oder dem Grundbuchamt benötigt (falls eine Immobilie zum Nachlass gehört). Sollten hingegen ein notariell beurkundetes Testament oder ein notarieller Erbvertrag vorliegen, genügt zur Legitimation meist schon die Vorlage des gerichtlichen Eröffnungsprotokolls (Protokoll über die Eröffnung des Testaments oder Erbvertrags).
Der Erbschein wird direkt beim zuständigen Nachlassgericht (am letzten Wohnsitz der/des Verstorbenen) oder einer/einem Notar:in beantragt. Die Antragstellung bei der/beim Notar:in verursacht keine Zusatzkosten und hat den Vorteil, dass sie/er - als Expert:in für Vertragsgestaltung - auch Tipps zur optimalen Nachlassverteilung geben, Auslegungsfragen klären und auf eine frühe, einvernehmliche Einigung zwischen den Beteiligten hinwirken kann.
Um einen Erbschein zu erhalten, benötigen Erben ein Nachlassverzeichnis und müssen beim zuständigen Nachlassgericht eine Versicherung an Eides Statt abgeben. Bei der Erstellung des Nachlassverzeichnisses ist der Erblotse eine große Hilfe.
2. Schlichtungsverfahren
Unsere Schlichter:innen sind Notar:innen und damit von Berufs wegen im Erbrecht besonders versiert. Ihre Expertise im Bereich der rechtlichen Gestaltung der Nachlassverteilung macht sie erfahren darin, zusammen mit den Beteiligten interessengerechte Lösungen zu entwickeln.
Vorteile der Schlichtung:
- Notar:innen sind Träger:innen eines öffentlichen Amtes, zur Unabhängigkeit verpflichtet und in Erbsachen besonders kompetent. Es steht den Erben selbstverständlich frei, sich auch anwaltlich begleiten zu lassen.
- Im Schlichtungsverfahren entscheiden die Erben selbst über das „Ob“ und „Wie“ einer etwaigen Einigung. Anders als im gerichtlichen Verfahren gibt es deshalb bei einer einvernehmlichen Lösung keine Gewinner und Verlierer. Die Hinterbliebenen haben die Chance, die familiären Beziehungen nach Beilegung des Streits unbelastet fortzuführen. Wird in der Schlichtung eine einvernehmliche Lösung gefunden, so wird diese Einigung von der/vom Schlichter:in rechtsverbindlich formuliert und bei Bedarf auch direkt notariell beurkundet.
- Ein Schlichtungsverfahren ist weitaus kostengünstiger als ein Rechtsstreit.
Was sind die Voraussetzungen eines Schlichtungsverfahrens?
Voraussetzung für die Durchführung eines Schlichtungsverfahrens ist das Einverständnis aller Beteiligten. Man kann auch als einzelne/r Miterbin/Miterbe den Antrag (formlos) beim Schiedsgerichtshof stellen, der es dann auf Wunsch übernimmt, die Bereitschaft der anderen Beteiligten abzuklären.
Wie läuft ein Schlichtungsverfahren ab?
Wenn alle Miterben einer Schlichtung zugestimmt haben, nimmt die Schlichtungsstelle das Verfahren an und sucht eine/einen passende/n Schlichter:in, wobei die Erben auch gemeinsame Vorschläge machen können. Den weiteren Ablauf der Schlichtung bestimmt die/der Schlichter:in in Abstimmung mit den Beteiligten. Wenn es eine Schlichtungsklausel im Testament gibt, sollten die Erben dies der/dem Schlichter:in mitteilen. Meist wird sehr zeitnah ein Treffen aller Parteien (erster Schlichtungstermin) vereinbart, der auf Wunsch auch digital als Videokonferenz stattfinden kann.
In einer Schlichtung werden alle Parteien mit ihren Anliegen gehört. Ziel ist eine eigenverantwortliche, selbstbestimmte Konfliktlösung. Die/Der Schlichter:in leitet und strukturiert das Verfahren, unterstützt den Verhandlungsprozess und kann auch erbrechtliche Fachkenntnisse einbringen. Ob die Schlichtung mit einer Einigung endet, entscheiden die Parteien selbst. Anders als vor Gericht können sie auch sinnvolle Vereinbarungen für die Zukunft treffen. So wird sichergestellt, dass der Konflikt vollständig gelöst und keine dauerhafte Zerrüttung der Familienverhältnisse zu befürchten ist.
Was kostet ein Schlichtungsverfahren?
Die Vermittlung eines geeigneten Schlichters durch den Schiedsgerichtshof und die Betreuung des Verfahrens kosten maximal € 300,-. Davon werden die ersten € 150,- bei Antragstellung fällig und der Rest, wenn das Verfahren angenommen und eine/ein passende/r Schlichter:in gefunden wurde.
Hinzu kommen die Kosten für die/den Schlichter:in. In der Regel wird unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Schwierigkeit des Konflikts, ein Stunden- oder Tagessatz bestimmt. Die Kosten fallen jedenfalls deutlich geringer aus als die Kosten eines entsprechenden Gerichtsverfahrens.
Beispiel:
Nach dem Tod der Eltern streiten die beiden Kinder über die Verteilung des Nachlasses, zu dem neben Barvermögen und Schmuck auch ein Mietshaus gehört. Wert insgesamt ca. € 500.000,-.
Geschätzte Kosten eines gerichtlichen Streits:
Schon in der ersten Instanz belaufen sich die Gerichtskosten auf über € 11.700,-. Hinzu kommen auf jeder Seite Anwaltskosten von ca. € 10.500,-, womit sich das Kostenrisiko im Fall des Unterliegens auf fast € 33.000,- summiert. Würde der Streit dann bis zur letzten Instanz durchgefochten, könnten auf die unterliegende Partei Kosten von über € 123.000,- zukommen.
Geschätzte Kosten einer Schlichtung:
Die Parteien vereinbaren mit der/dem Schlichter:in einen angemessenen Stundensatz, der sich - in Abhängigkeit vom Nachlasswert und der hier erbrechtlich eher einfachen Lage - auf € 200,- beläuft. Veranschlagt man z.B. für die/den Schlichter:in 10 abzurechnende Stunden, fallen Gebühren in Höhe von € 300,- für den Schiedsgerichtshof und € 2.000,- für die/den Schlichter:in an.
Für eine eventuelle notarielle Beurkundung fallen je nach Umfang der Einigung zusätzlich Gebühren von maximal € 1.870,- an. In eine solche Urkunde ließe sich auch eine Vollstreckungsunterwerfung aufnehmen, womit sie wie ein Gerichtsurteil durchsetzbar wäre.
3. Streiten vor Gericht mit Rechtsanwalt
Wenn Erben sich – mit höheren Kostenrisiken – richtig streiten müssen, weil sich einvernehmliche Lösungen nicht erreichen lassen, dann kann dies vor einem staatlichen Gericht oder einem privaten Schiedsgericht geschehen. Letzteres ist z.B. sinnvoll, wenn alle ein Interesse daran haben, die Öffentlichkeit auszuschließen, setzt allerdings voraus, dass alle Streitparteien dem Schiedsverfahren zustimmen.
Anders als bei einer selbst verhandelten Lösung, geben die Erben die Konfliktentscheidung im gerichtlichen Verfahren aus der Hand. Das Gericht entscheidet; allerdings nur über jene Fragen, die ihm zur Entscheidung vorgelegt wurden. Es kann daher sein, dass der Streit über eine noch unbehandelte Teilfrage auch nach dem Urteil weitergeht.
Die Vertretung durch Fachanwält:innen ist daher dringend zu empfehlen. Sprechen Sie uns an. Das Erblotse-Netzwerk besteht aus den besten und erprobtesten Erbrechtsanwält:innen.
4. Prozessfinanzierung
Die Hinzuziehung von Expert:innen zur Streitlösung kostet Geld. Wer den Rechtsweg einschlagen will, muss Gerichts- und Anwaltskosten vorfinanzieren. Nicht jeder Hinterbliebene, der seine Rechte durchsetzen will, hat diese Mittel zur Verfügung. Auf den Nachlass kann zur Finanzierung der Streitkosten zudem nur mit Zustimmung aller Erben zugegriffen werden, so dass auch dieser Weg meist verwehrt bleibt. Damit Hinterbliebene dennoch die Chance haben, zu ihrem Recht zu kommen, arbeitet der Erblotse mit einem renommierten, erfahrenen Prozessfinanzierer zusammen.
Eine Prozessfinanzierung kommt ab einer Streitsumme von € 100.000,- in Betracht. Nach Prüfung des Einzelfalles übernimmt der Prozessfinanzierer die Kosten einer (außer-)gerichtlichen Auseinandersetzung und erhält im Erfolgsfall eine Vergütung, deren Höhe sich am Erlös der Auseinandersetzung bemisst.
Nach dem Login auf der Erblotse-Plattform können Erben im Bereich Streitbeilegung unverbindlich und kostenfrei ihren Fall prüfen und sich ein Angebot für eine Prozesskostenfinanzierung erstellen lassen.
5. Alternative: Nachlassverwalter:in
Es kommt vor, dass Hinterbliebenen der Erbfall und die damit verbundenen Auseinandersetzungen über den Kopf wachsen und sie den Fall insgesamt in die professionellen Hände einer Nachlassverwalterin/eines Nachlassverwalters übergeben wollen, der ihn fachkundig für sie löst. Für diesen Fall bietet der Erblotse ein Netzwerk zertifizierter Nachlassverwalter:innen.
Interessiert an mehr Informationen und Hilfen? Dann beantworten Sie uns hier ein paar Fragen zur Einschätzung Ihrer Situation und es geht los!
Häufig gestellte Fragen zur Streitlösung im Erbfall