Die Nachlassinsolvenz: Was tun, wenn man Schulden erbt?
Die Erben eines Verstorbenen treten in dessen Rechtsstellung ein. Das bedeutet, dass sie nicht nur Vermögen, sondern genauso Schulden erben, die das Vermögen auch übersteigen können. Was ist in einem solchen Fall zu tun? Gibt es Möglichkeiten, außer das Erbe auszuschlagen?
Inhalt:
- Rechtslage Nachlassverbindlichkeiten
- Nachlassinsolvenz – Was ist das?
- So läuft das Nachlassinsolvenzverfahren ab
- Wer wird zuerst aus der Insolvenzmasse bezahlt?
- Was sind die Kosten der Nachlassinsolvenz?
1. Rechtslage Nachlassverbindlichkeiten
Die Erben haften gemäß § 1967 BGB für die Nachlassverbindlichkeiten, wie die Schulden des Verstorbenen. Diese Schulden umfassen vor dem Tod durch den Erblasser eingegangene Verbindlichkeiten wie Schulden aus Kauf- oder Kreditverträgen, aber auch aus dem Erbfall resultierende Schulden wie die Begleichung von Pflichtteilsanprüchen, welche entstehen können, wenn nähere Verwandte enterbt wurden. Die Haftung beschränkt sich dabei nicht nur auf das geerbte Vermögen, sondern umfasst auch das Privatvermögen der Erben. Um das zu vermeiden, kann das Erbe fristgerecht ausgeschlagen werden. Das ist allerdings nur vollumfänglich möglich, die Erben müssen den gesamten Nachlass inklusive aller Vermögensgegenstände ausschlagen. Dafür besteht lediglich eine Frist von sechs Wochen ab Kenntnis des Todes des Erblassers. Stellt sich heraus, dass das Erbe doch nicht überschuldet ist, ist die Umkehrung der Ausschlagung meist nicht möglich. Als alternative Möglichkeit für Erben, die das nicht möchten, bietet sich die Nachlassinsolvenz oder Nachlassverwaltung an. Diese begrenzen die Haftung der Erben und schützen ihr persönliches Vermögen.
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2. Nachlassinsolvenz – Was ist das?
Das Ziel der Nachlassinsolvenz ist es, die Verbindlichkeiten des Nachlasses zu begleichen und die Haftung der Erben auf den Nachlass zu begrenzen. Sie trennt das persönliche Vermögen der Erben vom Nachlassvermögen und muss eingeleitet werden, wenn feststeht, dass der Nachlass überschuldet ist.
Das Nachlassinsolvenzverfahren wird gestartet, wenn das Erbe übermäßig mit Schulden belastet ist oder zahlungsunfähig ist. Das Nachlassinsolvenzverfahren wird eingeleitet, wenn der Erbe oder der Nachlassverwalter dies beantragen und der durch das Gericht angeforderte Kostenvorschuss einbezahlt ist. Es dient zur Absicherung der Erben und deren privater Vermögen, denn die Nachlassinsolvenz bewirkt, dass die Schulden aus dem Nachlass einzig aus diesem erfüllt werden. Sogar wenn die Schulden den Wert des Nachlasses übersteigen, ist das Vermögen der Erben also vor dem Zugriff von Gläubigern geschützt und bleibt unangerührt.
3. So läuft das Nachlassinsolvenzverfahren ab
a. Nachlassinsolvenz beantragen – Wann und unter welchen Voraussetzungen?
Die Voraussetzungen des Antrags auf Nachlassinsolvenz sind die Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit des Nachlasses. Überschuldung bedeutet, dass der Wert des Nachlasses zu gering ist, um die Verbindlichkeiten aus dem Nachlass zu begleichen. Der Nachlass ist zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen.
Zunächst muss also geprüft werden, welches Vermögen und welche Schulden zum Nachlass gehören und in welchem Verhältnis diese zueinanderstehen. Ist es kompliziert, einen Überblick über das Erbe zu erlangen und unklar, ob der Nachlass überschuldet ist, so muss nicht sofort ein Nachlassinsolvenzverfahren in Gang gesetzt werden. Erben können dann zunächst die Nachlassverwaltung einleiten. Ein durch das Nachlassgericht auf Antrag der Erben eingesetzter Nachlassverwalter wickelt die Nachlassverbindlichkeiten für die Erben ab.
Ist jedoch sicher oder sehr wahrscheinlich, dass das Erbe überschuldet ist, muss unverzüglich ein Nachlassinsolvenzverfahren in die Wege geleitet werden. Das gilt unabhängig davon, ob ein Nachlassverwalter eingesetzt wurde oder die Erben eigenständig verwalteten. Es ist also unerlässlich, dass sich die Erben schnell einen Überblick über die Verbindlichkeiten aus dem Nachlass verschaffen. Unterlassen sie dies, werden sie gesetzlich dennoch so behandelt, als wussten sie von der Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit und müssen den Nachlassgläubigern vielleicht sogar Schadensersatz bezahlen, wenn diese durch die verspätete Anmeldung der Insolvenz Schaden davongetragen haben.
Um Kenntnis über alle gegen den Verstorbenen bestehenden Forderungen zu erlangen, kann ein sogenanntes Aufgebot beim Gericht beantragt werden. In Reaktion auf das Aufgebot können die Gläubiger des Erblassers ihre Forderungen anmelden.
b. Wer kann den Antrag auf Nachlassinsolvenz stellen?
Den Antrag auf die Einleitung eines Nachlassinsolvenzverfahrens kann die Erbengemeinschaft oder jeder Erbe allein stellen, auch unabhängig von gegeben falls existierenden Miterben. Des Weiteren sind Nachlassverwalter, Nachlasspfleger und sogar Nachlassgläubiger zur Antragstellung berechtigt.
c. Nachlassinsolvenz Frist und Ort der Antragstellung
Der Antrag wird beim Insolvenzgericht gestellt. Das ist das zuständige Amtsgericht am letzten gewöhnlichen Aufenthaltsort, dem Wohnort, des Verstorbenen. Es besteht ab Kenntnis der Erben von der Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit eine Antragspflicht, sie müssen sich dann unverzüglich beim Insolvenzgericht melden. Für die Nachlassgläubiger besteht ein Zeitfenster von zwei Jahren, ab dem Zeitpunkt, zu dem die Erbschaft angenommen wurde, um den Antrag zu stellen.
d. Antrag auf Nachlassinsolvenz
Der Antrag auf Nachlassinsolvenz muss folgendes enthalten:
- Angaben zum Erblasser
- Angaben zu den Erben
- Grund der Insolvenz
- Nachlassverzeichnis und Gläubigerverzeichnis
- Grundlage der Erbenstellung oder Nachweis für die Gläubigerstellung
- Die bestehende Forderung
e. Einsetzung eines Nachlassinsolvenzverwalters
Nachdem der Antrag fristgerecht gestellt wurde, setzt das Gericht einen Nachlassinsolvenzverwalter ein, sofern ausreichend Vermögen vorhanden ist, um die Verfahrenskosten zu decken.
Lehnt das Gericht den Antrag mangels Masse, also wegen zu geringem Vermöge, ab, so können die Erben den Nachlassgläubigern gegenüber die Dürftigkeitseinrede erheben, was dazu führt, dass die Erben nur mit dem Nachlass haften. Die Gläubiger können dann aber eine Zwangsvollstreckung einleiten. Die Beratung durch einen Fachanwalt ist sinnvoll.
Wird dem Antrag jedoch stattgegeben, so verwaltet der Nachlassinsolvenzverwalter das Vermögen anstelle der Erben für die Verfahrensdauer. Er verwertet es, um die Gläubiger aus dem Erlös zu befriedigen. Unter Wahrung der Gläubigerinteressen ist es seine Aufgabe, Verzeichnisse über Forderungen und Vermögen anzulegen und einen durch das Gericht bestätigten Insolvenzplan zu erstellen. Im Nachlassinsolvenzverfahren werden Pflichtteilsberechtigte und Vermächtnisnehmer den Nachlassgläubigern nachgestellt und erst nach diesen befriedigt.
f. Beendigung des Nachlassinsolvenzverfahrens
Das Verfahren endet, wenn sich herausstellt, dass der Nachlass doch nicht überschuldet ist, die Verfahrenskosten nicht aus dem Nachlass beglichen werden können oder Erben und Nachlassgläubiger das Verfahren einvernehmlich beenden wollen. Ansonsten endet es mit der Rechtskraft des Insolvenzplans und der Schlussverteilung des Vermögens durch den Nachlassinsolvenzverwalter. Die Erben sind dann in Hinblick auf einen etwaig noch verbleibenden Nachlass wieder verfügungsberechtigt.
4. Wer wird zuerst aus der Insolvenzmasse bezahlt?
Es gibt genaue gesetzliche Vorgaben dafür, wer zuerst aus dem überbleibenden Vermögen bezahlt wird.
- Erstrangig werden Verfahrenskosten aus dem Nachlass beglichen. Dazu gehören die Kosten für Beerdigung, Insolvenzverwaltung, Testamentseröffnung und die Kosten für das Aufgebot der Nachlassgläubiger.
- Zweitrangig werden die Verbindlichkeiten des Erblassers gegenüber den Gläubigern aus dem Nachlass befriedigt. Das umfasst die Forderungen der Gläubiger und ihre Kosten durch die Verfahrensteilnahme sowie beispielsweise Geldstrafen.
- Erst letztrangig werden Pflichtteilsberechtigte und Vermächtnisnehmer befriedigt, da der Verstorbene zunächst die Ansprüche der Gläubiger begründet hatte, die somit auch zuerst beglichen werden müssen.
5. Was sind die Kosten der Nachlassinsolvenz?
Die Einleitung des Nachlassinsolvenzverfahrens verursacht folgende Kosten:
- Gerichtskosten
- Gutachterkosten
- kosten des Nachlassinsolvenzverwalters
Die Kosten des Nachlassinsolvenzverwalters sind vom gesamten Wert der Insolvenzmasse abhängig. Die Gerichtskosten müssen durch denjenigen, der den Antrag auf Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens gestellt hat, getragen werden.
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